Spitzenglättung, oder: geht uns bald das Licht aus?02.02.2021

von RA Christian Sitter

 

Hätten Sie es gewusst? Am 8. Januar 2021 stand Europa kurz vor einem Zusammenbruch des Stromnetzes. Über- und Unterspannungen in Teilnetzen in Rumänien ließen auch in Bulgarien, Griechenland, Kroatien und der Türkei einen Black-out zu befürchten. Deren Netze wurden aus dem europäischen Verbund aus gekoppelt, ihre Kraftwerke versorgten nur noch heimische Verbraucher. In Österreich wechselten Krankenhäuser in den Notstrombetrieb, sogar in Frankreich und Italien wurde in Industriebetrieben die Stromversorgung unterbrochen. Es bestand keine Black-out Gefahr, noch nicht, schrieb der Focus. Auch die Süddeutsche und das Handelsblatt berichteten. Schon im Jahr 2019 gab es an drei Tagen hintereinander im deutschen Netz zu wenig Strom, um die Nötigefrequenz von 50 Hz konstant zu halten. Beide Male konnte ein Totalausfall, allerdings nur knapp, noch einmal verhindert werden. 

Diese beiden Vorfälle führen uns deutlich vor Augen, was es für unsere Industrie künftig bedeuten könnte, wenn Deutschland sowohl auf Kern- als auch auf Kohlekraft verzichtet. Strom kann man entgegen der Auffassung populärer grüner Politikerinnen eben nicht lagern. Wir müssen ihn genau in dem Moment produzieren, in dem wir ihn brauchen. Nur allergrößte Enthusiasten können glaubten, dass sich die Energieversorgung unseres Landes, vor allem seiner Industrie, ausschließlich durch grünen Strom beherrschen lassen. Der Atomausstieg steht im kommenden Jahr an, während die für die Netzstabilität so wichtigen Hochspannungsleitungen zwischen den norddeutschen Windparks und dem Süden des Landes vorsichtig formuliert weit hinter dem Zeitplan zurückliegen.

 

Unsere Stromversorgung macht all dies bestimmt nicht sicherer.

Was tun? Das Wirtschaftsministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der kommunale Stadtwerke in die Pflicht nehmen sollte, den Betrieb von Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen sowie das Laden von E Autos bis zu 2 h unterbrechen zu können, wenn andernfalls eine Überlastung des Netzes droht. "Spitzenglättung" nennt man das beschönigend. Bereits heute regelt eine Verordnung, dass industrielle Großverbraucher in einem solchen Fall abgeschaltet werden können.

Das Problem ist, dass die meisten Stadtwerke hierzu derzeit aber gar nicht in der Lage sind. Und was wird der Wähler sagen, dem man so lange ein E-Auto aufgeschwatzt hat, dessen Ladung dann im Falle eines Falles aber nicht mehr für den Weg zur Arbeit reicht?

Sie ahnen es, liebe Hörerin, lieber Hörer. Der Gesetzentwurf ist mittlerweile vom Minister höchstpersönlich kassiert.

Das Problem ist damit aber natürlich nicht gelöst. Auch das Gesetz hätte es nicht ansatzweise lösen können. Die Zahl der E-Auto soll sich in den kommenden Jahren ja auch dank massiver Subventionen des Staates vervielfachen. An den hierbei benötigten Strom scheint keiner zu denken.

Wir sollten uns tatsächlich auf einen umfassenden Black-out vorbereiten. Dass die Politik aus einem solchen lernt, scheint leider weiterhin unwahrscheinlich. Was mich an einen alten Spruch von Anfang der 80er Jahre denken läßt: "Wozu Kernkraft? bei uns kommt der Strom aus der Steckdose."